Die Rutte


Quappe (Lota lota) – Bayerns Fisch des Jahres 2024



Die Rutte - Bayerns Fisch des Jahres 2024

Foto: LFV-Bayern

  • Ordnung: Dorschartige (Gadiformes)
  • Familie: Echte Dorsche (Gadidae)
  • Gattung: Lota
  • Art: Quappe (Lota lota)

Deutschlands Fisch des Jahres 2024 ist der Dorsch – erstmals wurde in einer öffentlichen Online-Abstimmung gewählt. Aus bayerischer Sicht und für unsere Gewässer sprechend natürlich nicht ganz passend. Glücklicherweise beheimaten unsere Gewässer mit der Rutte die einzige Art der dorschartigen Fische, die ausschließlich im Süßwasser lebt und sich auch dort fortpflanzt. Das markanteste Merkmal der Rutte ist der einzelne Bartfaden am Unterkiefer. Hinter beiden Nasenöffnungen sitzt je ein kurzer Hautlappen. Äußerlich variiert das Erscheinungsbild je nach Lebensraum von beinahe schwarz mit wenig Zeichnung, bis hin zu wunderbar marmoriert in dunkelbrauner bis gelbgrünlicher Färbung.

Die Rutte – ein Räuber mit vielen Namen
Die Rutte wird je nach Region unterschiedlich genannt. Hier fallen Namen wie Quappe, Aalrutte, Aalquappe, Trüsche oder auch Aalraupe. In Bayern und im gesamten Bundesgebiet wird die Rutte in der roten Liste als „stark gefährdet“ kategorisiert. Hauptursachen für die Bestandsrückgänge sind Wanderungshindernisse, Gewässerausbau sowie Gewässerverschmutzung. Den Quappenbeständen wird so zunehmend der Zugang zu benötigten Laichplätzen und Bruthabitaten verwehrt.
Verbreitung
Das Verbreitungsgebiet der Quappe erstreckt sich fast über ganz Europa, Nördlich des Balkans und der Pyrenäen. Man findet sie so auf der gesamten Nordhalbkugel zwischen dem 42. und 75. Breitengrad, in Flüssen und Seen in Mitteleuropa. Sie lebt ebenso in klaren Flüssen und Bächen der Forellenregion wie in sommerkühlen Seen sowie in Flussunterläufen bis in die Brackwasserregion. Kiesig-sandiger Untergrund ist der bevorzugte und benötigte Lebensraum des sich fast ausschließlich am Grund aufhaltenden Fisches. Als vorwiegend nachtaktiver Fisch ist sie zwingend auf strukturreiche Gewässer mit ausreichend Rückzugsmöglichkeiten angewiesen.
Aussehen
Ihr langgestreckter, vorne runder und nach hinten sowie seitlich abgeflachter Körper, führt zu einem breiten, abgeplatteten Kopf. Die Quappe besitzt eine lange Bartel am Kinn sowie zwei sehr kurze Hautlappen an den Nasenöffnungen. Die Brustflossen sind kehlständig. Sie besitzt zwei getrennte Rückenflossen und eine lange Afterflosse. Die Schwanzflosse ist abgerundet. Der Körper ist mit kleinen, zarten Schuppen bedeckt. Das perfekt an den Untergrund angepasste Schuppenkleid ist auf dem Rücken graugrün, oliv oder braun gefärbt mit dunkler Marmorierung. Die Unterseite ist grauweiß gefärbt. Die Seitenlinie ist unvollständig, die Haut von sehr kleinen Schuppen bedeckt.
Der Kiefer ist mit Hechelzähnen besetzt, die Maulspalte ist weit und leicht unterständig. Maximale Längen von über einem Meter und annähernd 30 Kg Gewicht sind aus größeren Seen in Skandinavien bzw. dem Baltikum bekannt. Die Durchschnittsgröße liegt allerdings bei rund 40cm, in unseren großen Flüssen und tiefen Voralpenseen werden sie bis zu 90cm lang und bis 8 kg schwer. Das Höchstalter wird mit etwa 10 Jahren angenommen.



Landesfischereiverband Bayern e.V.
Text: Lukas Kaiser
Redaktion: Lukas Kaiser, Stefanie Schütze
Grafische Gestaltung: Michael Knoch
Abbildung: Mario Merkel, Andreas Hartl, Kwabaal
Gefördert aus Mitteln der Fischereiabgabe
© Landesfischereiverband Bayern e.V.
Januar 2024

Lebensweise und Fortpflanzung

Nachts durchstreift sie das Gewässer nach Nahrung. Die adulten Tiere ernähren sich zunehmend räuberisch von anderen Fischen. In unseren großen Voralpenseen ist sie in bis zu 100m Tiefe zu finden. Im Gegensatz zu vielen anderen Fischarten liegt der Aktivitätshöhepunkt der Aalrutte in der kalten Jahreszeit.
Abhängig von der Wassertemperatur laichen sie zwischen November und März. In durchwanderbaren Gewässersystemen legen die Tiere über 100km weite Laichwanderungen zurück. Ein Rogner, etwa ab dem 4. Jahr geschlechtsreif, legt bis zu einer Million Eier ab. Tiefe Gewässerabschnitte mit feinsandigem Substrat werden bevorzugt.
Die kleinen Eier (0,8 – 1,5mm) sind mit einer Ölkugel versehen. In Seen entwickeln sich diese daher schwebend im Freiwasser, im Fließgewässer haften sie am Substrat. Nach etwa 5 Wochen schlüpfen ca. 4mm große Larven. Später ernähren sie sich von Zooplankton und mit weiterem Wachstum sodann von Wirbellosen.
Nahrung und ökologische Bedeutung
Die Larven besitzen anfangs einen großen Dottersack. Später ernähren sie sich von Zooplankton und mit weiterem Wachstum sodann von Wirbellosen. Die Nahrungsgewohnheiten der Rutte passen sich an das jeweilige Gewässer an. Dem entsprechend kann sie sich sowohl ausgesprochen räuberisch als auch rein von wirbelloser Beute ernähren.
Die Bestände sind stark von funktionierenden Lebensräumen abhängig. Besondere Bedeutung haben die unverbaute Verbindung von Fließ- und Stillgewässern sowie ausreichend flache Überschwemmungsflächen im Frühjahr als Jungfischhabitat. In der Forellenregion wird die Rutte oft als Laichräuber an Salmonidenbeständen vorverurteilt. In natürlichen oder naturnahen Gewässern kann sie keinen messbaren Schaden anrichten.
Gefährdung
In früheren Jahrhunderten war die Rutte in ganz Deutschland sowie in Bayern extrem häufig und ein fixer Bestandteil unserer heimischen Fischfauna.
Allem voran sind menschliche Eingriffe in die Gewässerstruktur bzw. die Zerstörung der natürlichen Lebensräume als Ursache für die Bestandsrückgänge zu nennen. Klimaveränderungen mit Dürre, zu hohe Wassertemperaturen und Sauerstoffmangel wie in den vergangenen Jahren, werden in Zukunft die Regel sein. Durch Gewässerregulierung und Uferverbauungen mangelt es an geeigneten Lebensräumen. Querbauwerke in Flüssen und Bächen verhindern Laichwanderungen und den Stofftransport. Viele der klimabedingten Auswirkungen werden durch die Kombination von Nährstoffeinträgen und baulichen Veränderungen zusätzlich befeuert.

Fischereiliche Bedeutung
Für viele Fischer und Fischerinnen ist das winterliche Ansitzangeln im Dunkeln ein besonderes Erlebnis mit ganz speziellem Reiz, sowie vielfach der Start in eine lange Leidenschaft. Die beste Angelzeit auf den schönen und geheimnisvollen Fisch erstreckt sich von Dezember bis März, somit sind Mütze, Schal und Handschuhe oft absolute Pflicht. Klassisch wird der Rutte mit relativ einfachem aber kräftigem Gerät beim Ansitzangeln nachgestellt. Die Grundmontagen sowie Köder überschneiden sich mit der Fischerei auf Aal.
In tiefen Seen kann auch die aktive, vertikale Fischerei Erfolg bringen. Einige Spezialisten fangen ihre Fische auch in den Sommermonaten.
Auch kulinarisch ist der Vertreter der Dorsche im Süßwasser etwas ganz Besonderes. Das Fleisch der Rutte ist sehr wohlschmeckend, ihre Leber zudem eine ganz besondere Delikatesse.
Fazit
Die Mehrheit unserer heimischen Fischarten besitzt ganz spezielle Anforderungen an ihren Lebensraum. Wanderfischarten wie die Rutte brauchen den Rückbau von Querbauwerken, die Errichtung von funktionierenden Wanderhilfen sowie die Wiederherstellung der Lebensräume.
Auf Flusskiesel laichende Fischarten brauchen gut durchströmte Laichplätze und deren Zugänglichkeit. Kälteliebende Fischarten brauchen moderate Wassertemperaturen im Sommer.
Vielerorts sind die Bestände unserer Fischarten stark gefährdet oder bereits gänzlich verschwunden. Der Bestandsrückgang und die starke Bedrohung des einstigen Massenfisches zeigen sehr gut den fortschreitenden Verlust von Biodiversität an.
Wir stehen in der Verantwortung, den Lebensraum der Rutte in seiner natürlichen Form bestmöglich zu erhalten oder zu renaturieren. Denn nur durch ökologisch funktionierende und intakte Gewässersysteme kann die Vielfalt unserer heimischen Fischfauna in der Zukunft bestmöglich geschützt werden.

 
 
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